Das OLG Hamm hatte kürzlich über die Frage zu entscheiden, ob ein Käufer, der vom Kaufvertrag über ein ihm bereits überlassenes Fahrzeug zurücktritt, die Vertragsrückabwicklung bei dem Gericht am Wohn- oder Geschäftssitz des beklagten Verkäufers einklagen muss (Urteil v. 27.10.2015, Az.: 28 U 91/15).
Der klagende Käufer aus Löhne in Nordrhein-Westfalen erwarb beim beklagten Verkäufer aus Potsdam ein Gebrauchtfahrzeug. Zuhause in Nordrhein-Westfalen kam dem Käufer der Verdacht, dass der im Kaufvertrag angegebene Kilometerstand unzutreffend sei und das Fahrzeug tatsächlich eine erheblich höhere Laufleistung aufweise. Noch bevor er das Fahrzeug auf seinen Namen zuließ, erklärte er gegenüber dem Verkäufer den Vertragsrücktritt und machte die Rückabwicklung des Kaufvertrages klageweise geltend. Die vom Kläger vor dem Landgericht Bielefeld erhobene Klage wurde als unzulässig abgewiesen, weil das Landgericht einen Gerichtsstand in Bielefeld nicht als gegeben ansah. Gegen diese Entscheidung wendete der Kläger sich mit seiner Berufung zum OLG.
Das OLG Hamm hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und verpflichtete das Landgericht, den Rechtsstreit zu verhandeln und zu entscheiden. Der Käufer dürfe den Prozess über die Rückabwicklung an dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amts- oder Landgericht einklagen, da dort der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gegeben sei.
Dank § 29 ZPO darf man also auch bei der Rückabwicklung am Erfüllungsort klagen. Die Entscheidung des OLG entspricht der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, die bei der Rückabwicklung eines Autokaufs den Gerichtsstand des Erfüllungsortes dort annimmt, wo sich das gekaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vertragsgemäß befindet – nämlich regelmäßig am Wohnsitz des Käufers. So hatte zuletzt auch das OLG München entschieden und ausgeführt, dass im Falle der Klage des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache „Erfüllungsort und damit besonderer Gerichtsstand im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO der Ort [ist], an dem sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts nach dem Vertrag befindet, da dort die Kaufsache zurück zu gewähren ist. Dies ist bei einer Kaufsache, die zur Fortbewegung bestimmt ist, regelmäßig der Ort an dem sie nach dem Vertrag überwiegend genutzt oder gewöhnlich abgestellt wird, schon in der Regel also der Wohn- oder Betriebssitz des Käufers“ (OLG München, Urteil v. 13.01.2014, Az.: 19 U 3721/13).
Wie kam es also zu der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts Bielefeld? Der Kläger hatte erstinstanzlich keinen Zug-um-Zug-Antrag auf Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache gestellt, sondern nur Kaufpreisrückzahlung begehrt. Auch das Landgericht hat den gemäß § 139 Abs.1 S. 2 ZPO gebotenen richterlichen Hinweis auf Klageumstellung unterlassen. Erst in der Berufungsbegründung korrigierte und ergänzte der Kläger seinen Antrag und schuf damit erstmals die Voraussetzung, auf den Ort der Rückgewähr der Kaufsache als Erfüllungsort im Sinne des § 29 Abs. 1 ZPO abzustellen.
Es bleibt festzuhalten: Die vollständige Antragsstellung in den Fällen einer klageweisen Vertragsrückabwicklung empfiehlt sich nicht nur, um eine teilweise Klageabweisung mit nachteiliger Kostenfolge zu vermeiden, sondern kann bereits originärer Bestandteil der Zuständigkeitsbegründung des angerufenen Gerichts sein.
Von Doktorand Philipp Hardung