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24. Okt 2016

Tauziehen um Gruppenklage

Verfasst von

Die Unionsfraktion stellt sich nun offen gegen das Vorhaben, eine Gruppenklage für Verbraucher einzuführen, wie die Samstagsausgabe der FAZ berichtet.

Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) zitiert aus dem Positionspapier Verbraucherschutz:
„’Wir brauchen auch wirkungsvolle Möglichkeiten, bestehendes Recht durchzusetzen‘ heißt es in dem ‚Positionspapier Verbraucherleitbild‘, zunächst noch. Dann werden außergerichtliche Streitbeilegung gelobt sowie ‚klagebefugte Verbände‘. Diese sorgten ‚ausreichend dafür, dass Verbraucherrechte durchgesetzt werden. ‚Für neue Instrumente kollektiver Rechtsdurchsetzung sehen wir keinen Bedarf.‘ Auch wenn die Musterfeststellungsklage nicht beim Namen genannt wird: Sie dürfte gemeint sein.“
(Zeichensetzungsfehler im Original)

Diese Position ist nicht nachvollziehbar. Wie ich bereits vergangene Woche geschrieben habe, benötigen wir ein Verfahren, um massenhaft auftretende Kleinschäden an Gütern des täglichen Lebens gerichtlich geltend zu machen.
Um das zu verdeutlichen noch ein weiterer Fall aus persönlichem Anlass: Ich hoffe für die Internetdienstanbietern, dass sie an dem Tag, an dem die Gruppenklage eingeführt wird, beginnen, die vertraglich zugesicherte Übertragungsgeschwindigkeit bereitzustellen. Andernfalls wird das „100 MBit versprechen – 90 MBit liefern“ Unwesen zeitnah sein Ende finden.

Die FAZ bemerkt ebenfalls, dass die Gruppenklage bei Volkswagen kaum eine Verbesserung brächte. Die Lebenssachverhalte seien zu unterschiedlich, die Verfahren weniger standardisiert als Kapitalmarktstreitigkeiten und der konkrete Schaden oft nicht genau bezifferbar.

Sollte man die Gruppenklage also auch über die von mir dargestellten Sachverhalte hinaus ermöglichen?

Sicherlich, die Gruppenklage hat viele Vorteile zu bieten: Verjährungshemmung (per Mausklick?), mögliche Bindungswirkungen für Folgeprozesse, Massenvergleichsmöglichkeiten. Es ist aber keinesfalls eine Win-Win Situation. Der mir offensichtlichste Nachteil, private Rechtsverfolgung weiter auf Dritte auszulagern und damit die bequeme Unmündigkeit des Bürgers weiter zu befeuern, mag viele nicht überzeugen. Der Einwand ist zugegebenermaßen auch kein Sacheinwand. In der Sache droht jedoch, dass die Gruppenklage staatliches Überwachungshandeln privatisiert. Ob das ausreicht, die (gefühlten) Nachteile zu überwiegen? Vermutlich schon. Sind die derzeitigen Rechtsschutzsinstrumente (von den Kleinstschadenfällen an Gütern des täglichen Lebens abgesehen) ungerecht? Wohl eher nicht. Das sollte uns aber nicht -und hier argumentiert die Unionsfraktion schief- davon abhalten über eine Verbesserung des Rechtsschutzes zu Gunsten aller zu diskutieren.

Über Christian Häntschel

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