Allgemein
6. Sep
2021
Verfasst von Lukas Hundertmark
Zum BGH-Urteil vom 29.07.2021, Az. VI ZR 1118/20
Ausgangslage und Problemstellung
Mit der Einführung der Musterfeststellungsklage zum 1.11.2018 war unter anderem die Hoffnung verbunden, den im „Diesel-Skandal“ Geschädigten* zur effektiven Rechtsdurchsetzung zu verhelfen. Zum Musterfeststellungsverfahren des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) gegen die Volkswagen AG (VW) meldeten sich ca. 440.000 Personen an. Einige dieser Personen meldeten sich später wieder ab, um ein Individualverfahren gegen VW zu führen. VW beruft sich in diesen Verfahren meist auf die Einrede der Verjährung.
Die Ansprüche gegen VW verjährten regelmäßig mit Ende des Jahres 2018. Allerdings hemmt die noch 2018 erhobene Musterfeststellungsklage gegen VW gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB die Verjährung der zum Verfahren angemeldeten Ansprüche. Diese Regelung war zuletzt Gegenstand zahlreicher land- und oberlandesgerichtlicher Verfahren. Kürzlich hatte der BGH Gelegenheit, sich zu positionieren.
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9. Apr
2021
Die am 24.12.2020 in Kraft getretene Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher ist das erste EU-Instrument des kollektiven Rechtsschutzes, das Verbänden eine auf Leistung („Abhilfe“) in Form von „Schadenersatz, Reparatur, Ersatzleistung, Preisminderung, Vertragsauflösung oder Erstattung des gezahlten Preises“ gerichtete Klage ermöglicht. Daneben sind Feststellung und Unterlassung mögliche Klageziele der neuen Verbandsklage.
Prof. Dr. Beate Gsell und Prof. Dr. Meller-Hannich haben im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzvb) ein Konzept zur Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Recht erstellt. Sie plädieren für ein Modell, welches weitgehend ohne eine individuelle Mandatierung der Verbände durch die betroffenen Verbraucher auskommt und sich damit am bewährten Vorbild der Verbandsklage auf Unterlassung orientiert. Zudem soll in der Phase der Feststellung der Leistungsberechtigung einzelner Verbraucher und des Vollzuges ein neutraler Treuhänder eingeschaltet werden. Damit das Verfahren effektiv geführt werden kann, sollte die Verbandsklage verjährungshemmende Wirkung für alle betroffenen Verbraucher haben und die Finanzierung rechtssicher geregelt werden.
Außerdem stellt Prof. Dr. Meller-Hannich in ihrem aktuellen Beitrag „Die Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher“ (VbR 2021, 40) die Richtlinie vor, unternimmt eine Bewertung und widmet sich möglichen Umsetzungsalternativen.
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24. Jan
2021
Am 26. Februar 2021 wird an der HU Berlin eine Online-Konferenz zur Modernisierung des Zivilprozesses stattfinden.
Nachdem im Juli 2020 OLG Richterinnen und Richter ein Thesenpapier mit Regelungsvorschlägen entworfen hatten, wird dies nun mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe sowie Vertretern aus Anwaltschaft
und Wissenschaft diskutiert werden.
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12. Sep
2019
Vom 6. bis 11. September 2019 trafen sich deutsche und aserbaidschanische Doktorandinnen und Doktoranden zum IT-Recht in Baku und Gabala in Aserbaidschan. Es wurden Gemeinsamkeiten und Erfahrungen aus den Doktorarbeiten zur künstlichen Intelligenz, Regulierung und dem E-Commerce vorgestellt und in Kleingruppen sowie im Plenum diskutiert. Außerdem besuchten die Nachwuchsforscher die aserbaidschanische State Agency for Public Services and Social Innovations „Asan Service“ sowie eine Konferenz an der ADA Universität, Baku zur Entwicklung des Digital law in Aserbaidschan.
Das Doktorandenseminar wurde von Jun.-Prof. Dr. Azar Aliyev und seinem Lehrstuhlteam an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg organisiert. Betreut wurde das Seminar außerdem von Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich und Prof. Dr. Christoph Kumpan, beide Halle sowie von Prof. Dr. Thomas Hoffmann, Tallinn.
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3. Mrz
2019
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Die im Auftrag der Stadt Ahlen vorgenommene Pfändung des Mopses Edda, u.a. wegen ausstehender Hundesteuer und sein Verkauf via Ebay-Kleinanzeigen macht derzeit Schlagzeilen. Haustiere gelten eigentlich als unpfändbar, so der Geschäftsführer des Bundes Deutscher Gerichtsvollzieher, laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 1. März, S. 6 („Deutschland und die Welt“). Der Sprecher der Stadt Ahlen, so die FAZ aaO, habe hingegen mitgeteilt, bei einem wertvollen Haustier sei die Pfändung gerechtfertigt. Auch aus dem Nordrhein-Westfälischen Innenministerium heißt es laut Westdeutscher Rundfunk die Pfändung sei zumindest im Ausnahmefall erlaubt, diese Art der Verwertung entspreche aber wohl nicht den Regeln. Wie ist die Rechtslage?
Das Zwangsvollstreckungsrecht enthält zur Pfändung von Tieren eine ganze Reihe von Regelungen:
- Pfändungsschutz für Nutz- und Hilfstiere
Abgesehen von dem aus der Zeit gefallenen Pfändungsschutz des § 811 Abs. 1 Nr. 3 ZPO [ Weiterlesen … ]
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11. Dez
2018
Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich fasst in diesem Beitrag im Oxford Business Law Blog vom 11.12.2018 den rechtlichen Hintergrund des Diesel-Skandals zusammen und erörtert die seitdem erfolgten Bemühungen der EU-Kommission („New Deal for Consumers“) und des deutschen Gesetzgebers („Musterfeststellungsklage“) für eine Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes.
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3. Okt
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Die halleschen Teams haben ihre Fertigkeiten im Verhandeln beim Pre-Moot in Hamburg noch ausgebaut. Bald geht es zum 6.Soldan Moot Court nach Hannover. Wir wünschen viel Erfolg!
… von links nach rechts:
Susette Raase, Dennis David Dietrich, Felix Bischof, Christian Häntschel, Katja Hagspiel, Christoph Schmeichel, Theresa Behr, Hadia Parsa, Simon Görigk, Pauline Modra
Die halleschen Teams werden unterstützt vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Handelsrecht, der Rechtsanwaltskammer Sachsen-Anhalt, dem Freundeskreis der Juristischen Fakultät der Universität Halle sowie von Flegl Rechtsanwälte.
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2. Okt
2018
Die Abteilung Verfahrensrecht des Deutschen Juristentags hat sich am 27.9.2018 für die Einführung neuer Instrumente des zivilprozessualen kollektiven Rechtsschutzes ausgesprochen. Zu den Beschlüssen des 72. djt.
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24. Sep
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Der Deutsche Juristentag, der am Dienstagabend in Leipzig beginnt und bis Freitag andauert, wird sich in der Abteilung Verfahrensrecht mit dem kollektiven Rechtsschutz im Zivilprozess beschäftigen. Mein Gutachten schlägt unter anderem die Einführung von Gruppenklagen zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung bei größeren Schadensereignissen vor. Die Thesen aller Gutachter und Referenten sind auf der Webseite des DJT abrufbar. Ein interessantes Spektrum der Kritik und Zustimmung ist etwa in den Beiträgen von Stadler (JZ 2018, 793), Bruns (NJW 2018, 2753) und Krausbeck (VuR 2018, 287) zu finden. Einen Radiobericht des MDR kann man morgen Abend hier anhören. Das gesamte Programmheft des DJT ist ebenfalls abrufbar.
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24. Sep
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Nicht nur der „Brexit“ macht deutlich, dass es in Deutschland und wohl auch Kontinentaleuropa an effektiven Streitbeilegungsmechanismen für größere Wirtschaftsstreitigkeiten fehlt. Es handelt sich hierbei um eine Diskussion, die mit der Frage „Englisch als Gerichtssprache?“ keinesfalls erledigt, sondern nur verkürzt ist. Vielmehr geht es um wettbewerbsfähige attraktive Angebote für Unternehmen; durchaus als Alternative zur Schiedsgerichtsbarkeit. Einen eher nationalen Ansatz verfolgt dabei eine Initiative der Länder Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Diskutiert werden hier die Einführung von „Commercial Courts“ bei einigen Oberlandesgerichten, eine Modernisierung der Kammern für Handelssachen sowie neue Regeln für internationale Streitigkeiten in der ZPO.
Die europäische Perspektive nimmt ein für den Think Tank des EU-Parlaments erstellter Forschungsbericht von Giesela Rühl, Uni Jena, ein. Sie diskutiert eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für internationale Streitigkeiten in der EU. Es geht um die in der EU schon erfolgreichen Modelle, um Spezialisierung und Internationalisierung der Gerichte („European Commercial Court“) und des Verfahrensrechts sowie Verbesserungen der Rechtswahlmöglichkeiten durch Reform der Rom I-VO und Rom II-VO.
Während der Commercial Court in London bislang erfolgreich darum wirbt, in Wirtschaftsstreitigkeiten angewählt zu werden, gibt es ähnlich professionelle und effektive Angebote in der übrigen EU (noch) nicht. Stattdessen findet man die erfolgreichen Gerichtsstände für größere Wirtschaftsstreitigkeiten inzwischen offenbar in Singapur (SICC) oder Abu Dhabi.
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22. Aug
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Am 1. 11. 2018 tritt in Deutschland das Gesetz über die Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage in Kraft (BGBl. vom 17. Juli 2018, S. 1151). Am 11. April 2018 legte die Europäische Kommission im Rahmen des „New Deal for Consumers“ einen Richtlinienvorschlag für eine Verbandsklage zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen vor (COM(2018) 184 final).
Falls die Richtlinie erlassen wird – hält die Musterfeststellungsklage ihren Vorgaben stand oder sind Revision und Erweiterung des deutschen Gesetzes notwendig?
- Feststellung und Leistung
Der Richtlinienentwurf sieht in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 vor, dass [ Weiterlesen … ]
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21. Jun
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Bekanntermaßen hat am letzten Donnerstag, den 14. Juni 2018, der deutsche Bundestag die Einführung einer Musterfeststellungsklage beschlossen. Das entsprechende Gesetz samt Bundestagsdrucksache ist hier(BT-Drucks. 19/2507) abrufbar. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, in deren Fassung der Bundestag dem Gesetz zugestimmt hat, findet sich hier (BT-Drucks. 19/2741). Das Plenarprotokoll kann hier (Plenarprotokoll 19/39, S. 2743-2753) nachgelesen warden. Unabhängig von einer ausführlichen kritischen Stellungnahme in der Sachverständigenanhörung (StellungnahmeMeller-Hannich) seien an dieser Stelle nur die in den drei Tagen zwischen der Anhörung im Rechtsausschuss und dem Plenumsbeschluss eingefügten Änderungen erwähnt:
- Kurzfristig wurde noch der Vorschlag des Rechtsausschusses berücksichtigt, bei Klagen Selbständiger und Gewerbetreibender eine Aussetzung zu ermöglichen, wenn diese von den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage abhängen (§ 148 Abs. 2 ZPOneu). Eine Registrierungsmöglichkeit oder Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils gibt es allerdings nach wie vor nur für Verbraucher, und nur deren Ansprüche sind zum Erreichen des Quorums geeignet.
- Bei der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit gab es noch eine kurzfristige wichtige Änderung. Es wurde nämlich eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit am Beklagtensitz (§ 32c ZPOneu) sowie die Eingangszuständigkeit des OLG (§ 119 Abs. 3 GVGneu) festgeschrieben.
- Ebenfalls auf Empfehlung des Rechtsausschusses hin ist noch in das Gesetz eingefügt worden, dass das Gericht spätestens im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung auf sachdienliche Klageanträge hinzuwirken hat (§ 610 Abs. 4 ZPOneu); was sich freilich aus der materiellen Prozessleitungsbefugnis des Gerichts gemäß § 139 ZPO von selbst versteht.
- Auch bei der Anmeldefrist hat der Rechtsausschuss noch eine wichtige Veränderung bewirkt, nämlich dass die Anmeldung bis zum Ablauf des Tages des Beginns der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz zurückgenommen werden kann“ (§ 608 Abs. 3 ZPOneu).
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25. Apr
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
… Zur erneuten Verlängerung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde …
Bekanntermaßen ist die Revision im Zivilprozess statthaft, wenn sie vom Berufungsgericht (iudex a quo) zugelassen ist (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). An die Zulassung durch das Berufungsgericht ist der BGH (iudex ad quem) gebunden (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Die Nichtzulassung durch das Berufungsgericht kann durch den BGH in einer Nichtzulassungsbeschwerde überprüft werden (§ 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die Voraussetzungen der Nichtzulassungsbeschwerde beschreibt neben dem § 544 ZPO der [ Weiterlesen … ]
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17. Apr
2018
Am 11. April 2018 legte die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung Věra Jourová als „New Deal for Consumers“ einen Vorschlag COM(2018) 184 final für eine Richtlinie über Vertretungsklagen zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen und zur Aufhebung der Unterlassungsklagenrichtlinie 2009/22/EG in Europa vor. Der Vorschlag soll neben den Maßnahmen eines zweiten Richtlinienvorschlags COM(2018) 185 final (hiernach sind bspw. individuelle Ansprüche für Verbraucher in der UGP-Richtlinie und Bußgelder gegen Unternehmer für Verbraucherrechtsverstöße vorgesehen) der Verbesserung der Durchsetzung europäischen Verbraucherrechts dienen. Die Kommission beabsichtigt mit dem Vorschlag COM(2018) 184 die Unterlassungsklagenrichtlinie 2009/22/EG durch eine neue Richtlinie zu ersetzen, und zwar [ Weiterlesen … ]
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16. Mrz
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
- Dr. Katarina Barley, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz: „Mit der Musterfeststellungsklage bekommen die Verbraucherinnen und Verbraucher noch in diesem Jahr eine Klagemöglichkeit nach dem Prinzip „einer für alle“ und werden damit mehr Möglichkeiten für eine erfolgreiche Rechtsdurchsetzung haben.“ (Abrufbar auf der Webseite des BMJV)
- Klaus Müller, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband: „Die Musterfeststellungsklage würde uns Verbraucherzentralen und den Bundesverband sowie andere anerkannte Verbraucherverbände in die Lage versetzen, stellvertretend für viele Verbraucher Klagen einzureichen.“ (Im Interview mit Bastian Angenendt, Hamburger Abendblatt sowie Berliner Morgenpost, 15.3.2018
Dazu folgendes: Bei der Musterfeststellungsklage geht es um ein von einem Verband initiiertes Musterverfahren mit verjährungshemmender Wirkung für Individualansprüche. Das Ergebnis des Verfahrens soll Bindungswirkung für etwaige nachfolgende Individualprozesse entfalten. Grundsätzlich ist eine Musterfeststellungsklage also in der Lage, [ Weiterlesen … ]
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7. Feb
2018
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Am 25. Januar hat der Europäische Gerichtshof über das Vorabentscheidungsersuchen des Österreichischen OGH in dem Verfahren Maximilian Schrems./. Facebook Ireland Ltd. entschieden (Urteil vom 25. Januar 2018, Rs. C-498/16)
Der EuGH eröffnet zunächst den Verbrauchergerichtsstand der Europäischen Gerichtstands- und Vollstreckungsverordnung (Art. 16 Brüssel I-VO bzw. Art. 18 Brüssel Ia-VO) auch für den inzwischen als „berufsmäßige Prozesspartei“ aktiven Maximilien Schrems. Dieser kann also im eigenen Mitgliedstaat Österreich das in Irland ansässige Unternehmen verklagen. Dass Maximilian Schrems eine Reihe von Beschwerden bei der irischen Datenschutzkommission eingeleitet hat, einen Verein zur Durchsetzung von Datenschutzrechten gegründet hat und auch ansonsten als Datenschutzaktivist maßgeblich etwa für die Safe-Harbor-Entscheidung des EuGH vom Oktober 2016 (EuGH v. 6.10.2015, Rs. C 362/14) war, ändert nichts an seiner Verbrauchereigenschaft. Ebenso wenig, dass er diese Aktivitäten, seine Vorträge, Bücher und Medienauftritte auf seiner Facebook Seite präsentiert. Wer seine Rechte und Interessen aktiv vertrete und die entsprechende Expertise erwerbe, verliere dadurch nicht die Verbrauchereigenschaft, so der EuGH (Rn. 39). Der Europäische Verbraucherbegriff wolle schließlich nicht [ Weiterlesen … ]
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2. Feb
2018
Mit einer Empfehlung aus dem Jahr 2013 riet die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten zur Einführung kollektiver Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren, die zur Verhinderung missbräuchlicher Klageaktivität bestimmte Verfahrensanforderungen erfüllen sollten. Die Umsetzung war allerdings für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich. Ein Bericht der Europäischen Kommission vom 25. Januar 2018 evaluiert nun nach vier Jahren den Umsetzungsstand der Empfehlung. Hiernach hat sich zwar die Verfügbarkeit kollektiven Rechtsschutzes in den Mitgliedstaaten erhöht, jedoch nicht in dem Umfang wie von der Empfehlung vorgesehen, sodass sehr unterschiedliche Systeme in den Mitgliedstaaten bestehen.
Neue Gesetzgebungen für kollektive Schadensersatzverfahren im Anschluss an die Empfehlung gab es in vier Mitgliedstaaten: Belgien, Litauen, [ Weiterlesen … ]
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20. Dez
2017
In den Jahren 2016 und 2017 sind im Zuge des Abgasskandals eine Reihe von Urteilen zur deliktischen Haftung des Herstellers – neben zahlreichen Urteilen zu Gewährleistungsansprüchen gegen die Verkäufer – ergangen. Die unterschiedliche Entscheidungspraxis wird infolge einer Durchsicht der veröffentlichten Urteile zur Herstellerhaftung im Abgasskandal hier dargestellt.
Als erstes Gericht wies das Landgericht Ellwangen (Urteil v. 10.6.2016 – 5 O 385/15) eine Klage gegen die Volkswagen AG als Fahrzeugherstellerin wegen des Einbaus einer Abschalteinrichtung ab. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bestehe nicht, da ein Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 als einfacher Gesetzesverstoß noch kein sittenwidriges Verhalten darstelle, die Verordnung nur dem Umweltschutz diene und im Falle einer Haftung nach § 826 BGB die vertragliche Risikozuweisung unterlaufen werde. Das Landgericht Köln (Urteil v. 7.10.2016 – 7 O 138/16) begründete die Klageabweisung damit, dass die Haftung aus § 826 BGB nach Maßgabe des Schutzzwecks der verletzten Norm beschränkt sei und die Verordnung, gegen die verstoßen wurde, die individuellen Vermögensinteressen der Käufer von Fahrzeugen mit einer Abschalteinrichtung nicht schütze.
Das Landgericht Braunschweig, bei dem zahlreiche Klagen gegen die VW AG als Herstellerin der Fahrzeuge oder der in Fahrzeuge anderer Hersteller eingebauten Motoren anhängig wurden, schloss sich dem an und ergänzte, dass [ Weiterlesen … ]
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27. Okt
2017
Anlässlich des Europäischen Tags der Justiz 2017 informierten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Veranstaltung am Landgericht Halle zum Einsatz von Videotechnik im Zivilprozess.
Zu Gast war unter anderem eine Richterdelegation aus Bourges, die von den französischen Erfahrungen mit Videotechnik in Zivil- und Strafverfahren berichtete. In Frankreich scheint die Digitalisierung des gerichtlichen Verfahrens deutlich schneller voranzuschreiten. So verfügen bereits alle französischen Gerichte über Videokonferenztechnik.
Die europäische Dimension des Themas wurde im Rahmen der Veranstaltung besonders deutlich. So sieht zum einen die Beweisaufnahmeverordnung (EG) Nr. 1206/2001 vor, dass Videokonferenztechnik bei der Zusammenarbeit zwischen europäischen Gerichten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme eingesetzt wird. Die Verordnung zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen (EG) Nr. 861/2007 regelt sogar eine mündliche Verhandlung mittels Videokonferenz für grenzüberschreitende Verfahren mit geringem Streitwert.
Der Einsatz von Videokonferenztechnik ist mit § 128a ZPO auch im deutschen Recht vorgesehen. Tatsächlich wird von der Befugnisnorm aber kaum Gebrauch gemacht. Ein wesentlicher Grund hierfür ist das Fehlen technischer Anlagen in deutschen Gerichten.
Die Förderung des Bewusstseins für die Möglichkeit des Einsatzes von Videotechnik im Zivilprozess wird auch zukünftig ein europäisches Anliegen bleiben, wie Pal-Lajos Szirany von der Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission berichtete. Sein Vortrag wurde aus Brüssel in die Veranstaltung nach Halle übertragen, sodass der Vorteil des Technikeinsatzes für die europäische Zusammenarbeit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tatsächlich greifbar wurde.
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11. Okt
2017
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Aus gegebenem Anlass
Pokale eines Sportlers gehören zu dessen beweglichen Vermögen. Dieses ist grundsätzlich in vollem Umfang pfändbar. Die Pfändung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher, anschließend werden die gepfändeten Gegenstände versteigert oder anderweitig verwertet. Es gibt allerdings, vorausgesetzt das Verfahren läuft nach deutschem Recht, eine Reihe von Pfändungsverboten.
Nach wie vor aktuell ist etwa das Verbot der Pfändung von Gegenständen, die Personen für die Fortsetzung ihrer körperlichen oder geistigen Erwerbstätigkeit benötigen (§ 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Dazu würde wohl der Tennisschläger, kaum aber der Pokal des Sportlers gehören. Sind Pokale aber vielleicht Orden oder Ehrenzeichen? [ Weiterlesen … ]
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8. Sep
2017
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Am 28. August 2017 haben die Fraktion Bündnis90/Die Grünen und einige einzelne Abgeordnete des Deutschen Bundestags einen Entwurf eines Gesetzes über die Einführung von Gruppenverfahren(BT-Drucks. 18/13426) vorgelegt. Es handelt sich hierbei nicht um eine von Verbänden eingereichte Musterfeststellungsklage, wie sie kürzlich das BMJV zur öffentlichen Diskussion (Diskussionsentwurf) stellte, sondern um eine echte Gruppenklage. Das Verfahren kann also auch von Privatpersonen initiiert werden, betrifft nicht nur Verbrauchergeschäfte, und es kann sowohl ein Feststellungs- als auch ein Leistungsantrag gestellt werden. Ein Gruppenkläger führt das Verfahren mit Wirkung für die Gruppe. Jede von dem gleichen Lebenssachverhalt betroffene Person kann die Teilnahme an dem Verfahren erklären und ist an die Entscheidung gebunden. Der Entwurf entspricht mehr oder weniger denjenigen der zum Teil identischen Urheber aus dem Jahr 2013 (BT-Drucks. 17/13756) und dem Jahr 2014 (BT-Drucks. 18/1464). Zu seinen Vor- und Nachteilen kann auf die damalige Diskussion im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags verwiesen werden: Sitzung vom 18. März 2015
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25. Aug
2017
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Das BMJV hat kürzlich einen Diskussionsentwurf zu einer Musterfeststellungsklage in Verbrauchersachen vorgelegt. Er ist auf der Homepage des BMJV hier abrufbar. Einige Anmerkungen zum Inhalt des Entwurfes und den Änderungen gegenüber dem nicht öffentlichen Referentenentwurf vom letzten Jahr sind hier zu finden. Zum Thema Gruppenklage in der Abgaskrise hier auch ein Hinweis auf ein aktuelles Interview im Studio 9 des Deutschlandfunk Kultur.
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2. Jun
2017
Die Europäisch Kommission hat einen Bericht zum Fitnesscheck im europäischen Verbraucher- und Marketingrecht veröffentlicht. Hintergrund ist der REFIT-Prozess (Regulatory Fitness and Performance Programme) der Europäischen Kommission, mit dem überprüft wird, ob EU-Rechtsvorschriften ihre Ziele erreichen und inwieweit Kosten gesenkt werden können und Bürokratie abgebaut werden kann.
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23. Mai
2017
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Die aktuelle Neue Juristische Wochenschrift (NJW, Heft 19/2017) publiziert einen Artikel der Magistrats européens pour la démocratie et les libertés (MEDEL) über die Türkei „Der Kollaps des Rechts“ mit dem Brief eines inhaftierten Richters. In dem auf Authentizität überprüften Brief geht es um die Haftbedingungen, die Vernehmungsmethoden und die Auswirkungen der Haft auf die Familienangehörigen und die wirtschaftliche Existenz der Inhaftierten. Im letzten Jahr sind fast viertausend Richter und Staatsanwälte in der Türkei suspendiert worden, eine hohe Zahl von ihnen ist inhaftiert.
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4. Mrz
2017
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher gilt nach § 753 Abs. 3 ZPO Formularzwang. Die entsprechenden Formulare sind in der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung (GVFV) bzw. deren Anhang enthalten. Diese wurde zum 1.12.2016 bei der Durchführung der EU-Kontenpfändungsverordnung geändert. Das alte Formular durfte nur bis zum 28.2.2017 weiter genutzt werden (§ 6 GVFV). Das neue Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher ist hier zu finden.
Die Formulare für die nationale Forderungspfändung blieben unverändert, man findet sie hier (gewöhnliche Geldforderungen) und hier (Unterhaltsforderungen).
Die Formulare für das Verfahren der grenzüberschreitenden Kontenpfändung sind hier zu finden.
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19. Jan
2017
Am 1. Februar 2017 treten die letzten Vorschriften des Umsetzungsgesetzes zur ADR-Richtlinie in Kraft (vgl. Art. 24 Abs. 1 G v. 19. Februar 2016, BGBl. I 2016, S. 254). Es handelt sich dabei unter anderem um die §§ 36 und 37 VSBG sowie die Änderungen an § 2 Abs. 2 S. 1 UKlaG.
I. Allgemeine Informationspflicht des Unternehmers (§ 36 VSBG)
§ 36 VSBG regelt allgemeine Informationspflichten für Unternehmer. In Abs. 1 definiert die Norm den persönlichen Anwendungsbereich, also die Adressaten der Verpflichtung, sowie Art und Inhalt der entsprechend erforderlichen Angaben. Außerdem legt Abs. 2 den Modus der Informationsweitergabe fest. Schließlich enthält Abs. 3 eine Ausnahmeregelung für Kleinunternehmer.
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17. Jan
2017
Verfasst von Caroline Meller-Hannich
Mit Urteil vom heutigen Tag hat das Landgericht Hildesheim (Urteil v. 17.1.2017 – 3 O 139/16) einer Klage eines Skoda Käufers gegen die VW AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) stattgegeben und zur Rückzahlung des vollen Kaufpreises als Schadenersatz verurteilt.05-2017_Urteil_-_Klage_gg._VW_wg._Abgasmanipulation_erfolgreich__2_
Bemerkenswert an der Entscheidung ist vor allem, dass das Gericht den Vorsatz der VW AG unterstellt hat, weil diese im Prozess nicht hinreichend habe darlegen können, wie es zur Entwicklung und zum Einbau der Software gekommen sei und wer davon gewusst habe. Das Gericht hat also Prinzipien der sog. sekundären Darlegungslast angewandt. Entsprechende Überlegungen zu einer Erklärungsobliegenheit der VW AG im Rahmen von § 826 BGB finden sich schon in einem Urteil des Landgericht München II (v. 15.11.2016 – 12 O 1482/16). Auch hier erkannte das Gericht, dass nicht der Kläger, sondern nur die VW AG über die entsprechenden Informationen verfügt. Das Münchener Gericht hatte allerdings berücksichtigt, dass die relevanten Vorgänge schon 10 Jahre her sind und eine Vielzahl von Personen an ihnen beteiligt war. Eine Pflicht zur Aufbewahrung der damals stattfindenden Kommunikation könne man nicht erwarten.
Die Rechtsprechung ist also noch nicht konsolidiert – weitere instanzgerichtliche Entscheidungen in jüngerer Zeit stammen von den Landgerichten Braunschweig (v. 29.12.2016 – 1 O 2084/15) sowie Köln (v. 7.10.2016 – 7 O 138/16).
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