19. Jan 2017
Neue Informationspflichten für Unternehmer ab dem 1.2.17
Am 1. Februar 2017 treten die letzten Vorschriften des Umsetzungsgesetzes zur ADR-Richtlinie in Kraft (vgl. Art. 24 Abs. 1 G v. 19. Februar 2016, BGBl. I 2016, S. 254). Es handelt sich dabei unter anderem um die §§ 36 und 37 VSBG sowie die Änderungen an § 2 Abs. 2 S. 1 UKlaG.
I. Allgemeine Informationspflicht des Unternehmers (§ 36 VSBG)
§ 36 VSBG regelt allgemeine Informationspflichten für Unternehmer. In Abs. 1 definiert die Norm den persönlichen Anwendungsbereich, also die Adressaten der Verpflichtung, sowie Art und Inhalt der entsprechend erforderlichen Angaben. Außerdem legt Abs. 2 den Modus der Informationsweitergabe fest. Schließlich enthält Abs. 3 eine Ausnahmeregelung für Kleinunternehmer.
Alle Unternehmer, die eine Webseite unterhalten oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden, müssen die Verbraucher gem. § 36 Abs. 1 VSBG über ihre Bereitschaft oder ihre Verpflichtung, an einem Verbraucherstreitbeilegungsverfahren teilzunehmen, „klar und verständlich“ aufklären. Hierbei müssen sie die im Streitfalle für sie zuständige Verbraucherschlichtungsstelle samt Anschrift und Webseite benennen.
Will der Unternehmer nicht an Verbraucherstreitbeilegungsverfahren teilnehmen, muss er auf diesen Umstand ebenfalls hinweisen. Hiervon verspricht sich der Gesetzgeber wohl einen positiven Konditionierungseffekt für die Teilnahmebereitschaft, denn wer sich außergerichtlichen Lösungen von Anfang an versperrt, muss befürchten, Misstrauen bei potenziellen Vertragspartnern hervorzurufen. Umgekehrt kann die Teilnahmebereitschaft eines Unternehmers von den Verbrauchern als besonderes Gütesiegel für dessen Verhalten im Streitfalle interpretiert werden.
Die maßgeblichen Informationen müssen nach § 36 Abs. 2 VSBG zusammen mit den AGB und auf der Webseite des Unternehmers gegeben werden, soweit er AGB verwendet oder eine Webseite unterhält.
Unternehmer, die zwar eine Webseite unterhalten oder AGB verwenden, aber am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben, sind nach § 36 Abs. 3 VSBG von den Informationspflichten des § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG befreit. Sie müssen also die zuständigen Stellen nur benennen, wenn sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren verpflichtet sind. Diese Ausnahmeregelung soll Kleinunternehmer entlasten. Sie gilt jeweils für ein Jahr und unabhängig davon, ob in diesem Jahr die Zahl der Beschäftigten des Unternehmers zehn übersteigt. Der Unternehmer selbst gilt hierbei nicht als Beschäftigter.
II. Besondere Informationspflicht nach Entstehung der Streitigkeit (§ 37 VSBG)
Bei § 37 VSBG handelt es sich um eine einzelfallbezogene Informationspflicht. Ist zwischen Verbraucher und Unternehmer eine Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag entstanden, die durch Verhandlungen nicht beigelegt werden konnte, muss der Unternehmer den Verbraucher in Textform auf die für ihn zuständigen Verbraucherschlichtungsstellen unter Nennung von Namen, Anschriften und Webseiten hinweisen. Hierdurch soll der Verbraucher von der Möglichkeit zur außergerichtlichen Beilegung des Streites als Alternative zu den beiden anderen Handlungsoptionen der Klage oder Untätigkeit in Kenntnis gesetzt werden (Greger/Unberath/Steffek/Greger, § 37 Rn. 1).
Diese Informationspflicht setzt voraus, dass eine beiderseitige Kommunikation über den Anspruch aus dem Verbrauchervertrag stattfand, durch die die Streitigkeit nicht beigelegt werden konnte.
Informieren müssen auch Unternehmer, die zur Teilnahme an Verbraucherstreitbeilegungsverfahren weder bereit noch verpflichtet sind. In diesem Falle stellt sich freilich die Frage, welchen Wert die Informationen über Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle für den Verbraucher haben. Nach der Rechtsprechung zu § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB a. F. ist die Anrufung einer Gütestelle rechtsmissbräuchlich, „wenn schon vor der Einreichung des Güteantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken […] und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat“ (BGH, Urt. v. 28.10.2015 – IV ZR 526/14). Ist diese Rechtsprechung auf § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB n. F. übertragbar (mit berechtigten Zweifeln BeckOGK-BGB/Meller-Hannich, § 204 Rn. 180.1), so würde die Informationspflicht nach § 37 VSBG zumindest verdeutlichen, dass der Verbraucher die Verjährung nicht mehr durch die Anrufung einer Streitbeilegungsstelle nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB hemmen kann. Allerdings dürfte die Verjährung des Anspruchs in solchen Fällen schon durch Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände nach § 203 BGB gehemmt sein.
Anders als § 36 VSBG enthält § 37 VSBG keine Ausnahmeregelung für Kleinunternehmer.
III. Sanktionierung von Verstößen
§ 36 und 37 VSBG fanden Einzug in den Katalog verbraucherschutzwidriger Praktiken in § 2 Abs. 2 Nr. 12 UKlaG. Somit können die nach § 3 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen und damit auch die nach § 4 UKlaG qualifizierten Einrichtungen Verstöße gegen die Informationspflichten im Wege der Beseitigungs- und Unterlassungsklage verfolgen.
Zudem steht dem Verbraucher ein Anspruch gegen den Unternehmer wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten zu, wenn der Unternehmer gegen die Informationspflichten verstößt (BT-Drs. 18/5089, S. 74). Als problematisch wird sich aber der Nachweis eines kausalen Schadens erweisen (Greger, ZZP 2015, 137 (143)).
„Unternehmer, die zwar eine Webseite unterhalten oder AGB verwenden, aber am 31. Dezember des Vorjahres mindestens zehn Personen beschäftigt haben, sind … befreit.“
Da fehlt ein „nicht“ vor „mindestens“. Oder?
Richtig, im Beitrag wurde das geändert.