16. Sep 2016
DJT fordert Beweiserleichterung bei Verträgen über digitale Inhalte – und auch sonst gibt es aus allen Abteilungen neue Vorschläge für das Verfahrensrecht
Gestern wurden die Beschlüsse des 71. DJT in Essen gefasst und veröffentlicht.
In der öffentlich-rechtlichen Abteilung waren Verwaltungsgerichtsbarkeit und Verwaltungsrechtsschutz sogar Generalthema. Hier ist vor allem die Zurückhaltung bei der Übertragung von Kollektivinteressen auf private Kläger bemerkenswert (etwa Beschluss Nr. 3 und 4).
Auch wenn das Verfahrensrecht in den anderen Abteilungen in diesem Jahr kein Generalthema war, wurden auch hier einige Beschlüsse mit bedeutsamen Auswirkungen für die gerichtliche Rechtsdurchsetzung getroffen.
So fordern die Mitglieder, die für das Zivilrecht abgestimmt haben, für Software-Verträge eine Sonderregel zur gewährleistungsrechtlichen Beweislastverteilung einzuführen: Mit knapper Mehrheit angenommen wurde in Beschluss Nr. 20, dass die Beweislast für die ordnungsgemäße Erfüllung beim Anbieter bleiben solle, auch wenn der Erwerber der Software sie als Erfüllung angenommen hat (an Stelle des heutigen § 363 BGB). Ebenfalls wurden Beschränkungen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB gefordert (Beschluss Nr. 19).
Auch in der arbeitsrechtlichen Abteilung, die sich mit der Digitalisierung der Arbeitswelt befasste, gab es für das sog. Crowdworking einen Beschluss zu Beweislastfragen: Mit großer Mehrheit haben die Mitglieder in Beschluss Nr. 1 eine Beweislastumkehr im Hinblick auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit eines Crowdworkers befürwortet.
Die strafrechtliche Abteilung befasste sich mit der (erweiterten) Medienöffentlichkeit in Gerichten; die Beschlüsse betrafen aber in der Regel alle Prozessarten. Insgesamt waren die Teilnehmer hier zurückhaltend. Sowohl Ton- und Filmaufnahmen aus der Verhandlung als auch der zeitversetzte Lifestream und die Videoübertragung wurden abgelehnt (Beschlüsse Nr. 14 und 17).
Im Familienrecht ging es um rechtliche, biologische und soziale Elternschaft. Angenommen wurde etwa der Beschluss, wonach die Anfechtung der Elternschaft durch eine Person ausgeschlossen ist, die mit Zustimmung der Mutter in die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten eingewilligt hat (Nr. 2). Dementsprechend kann der Samenspender nicht als rechtlicher Vater des Kindes festgestellt werden, wenn es sich um eine künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gehandelt hat (Beschluss Nr. 5). Zu einer deutlichen Stärkung der Anfechtungsrechte des biologischen Vaters hat sich der DJT nicht entschlossen (s. Beschluss 15).
Die Beschlüsse aller Abteilungen sind hier abrufbar.