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2. Feb 2018

Wie steht es um den kollektiven Rechtsschutz in Europa?

Mit einer Empfehlung aus dem Jahr 2013 riet die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten zur Einführung kollektiver Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren, die zur Verhinderung missbräuchlicher Klageaktivität bestimmte Verfahrensanforderungen erfüllen sollten. Die Umsetzung war allerdings für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich. Ein Bericht der Europäischen Kommission vom 25. Januar 2018 evaluiert nun nach vier Jahren den Umsetzungsstand der Empfehlung. Hiernach hat sich zwar die Verfügbarkeit kollektiven Rechtsschutzes in den Mitgliedstaaten erhöht, jedoch nicht in dem Umfang wie von der Empfehlung vorgesehen, sodass sehr unterschiedliche Systeme in den Mitgliedstaaten bestehen.

Neue Gesetzgebungen für kollektive Schadensersatzverfahren im Anschluss an die Empfehlung gab es in vier Mitgliedstaaten: Belgien, Litauen, Vereinigtes Königreich und Frankreich. In drei Mitgliedstaaten sind Gesetzgebungsvorhaben gegenwärtig in der Diskussion: Niederlande, Slowenien und Deutschland. Damit sind kollektive Schadensersatzverfahren für Massenschadensereignisse mittlerweile in 19 Mitgliedstaaten vorhanden, jedoch meist nur für einzelne Rechtsbereiche wie Verbraucherforderungen oder wie in Deutschland für Kapitalanlegerverfahren und nicht wie von der Empfehlung gefordert für alle durch das Unionsrecht gewährten Rechte. Außerdem seien die Verfahren in manchen Mitgliedstaaten nicht effektiv, sodass sie nicht in Anspruch genommen werden. In neun Mitgliedstaaten sind nach wie vor keine kollektiven Schadensersatzverfahren vorhanden. Hingegen sehen alle Rechtsordnungen Unterlassungsklagen im Verbraucherrecht aufgrund der Unterlassungsklagenrichtlinie 2009/22/EG vor.

Hinsichtlich der Verfahrensgestaltung formuliert die Empfehlung gemeinsame Grundsätze für kollektive Rechtsbehelfe. Die Evaluation kommt zu dem Ergebnis, dass die Empfehlung diesbezüglich nur begrenzt Eingang in die mitgliedstaatliche Gesetzgebung gefunden hat. Bestimmte Prinzipien waren bereits zuvor in den nationalen Rechtsordnungen vorhanden (so etwa das „Loser pays“-Prinzip oder das Nichtvorhandensein von Strafschadensersatz). Andere Vorgaben haben nicht zu Rechtsänderungen geführt (so die Empfehlung zur Regulierung der Prozessfinanzierung, die grenzüberschreitende Anerkennung von Vertreterorganisationen, der Vorrang von behördlichen Verfahren vor Kollektivklagen unter Aussetzung der Verjährung betroffener Ansprüche oder die Einführung von Sammelklageregistern). Auch für die Mitgliedstaaten, die nach der Verabschiedung der Empfehlung gesetzgeberisch aktiv geworden sind, ist ein starker Einfluss der Empfehlung nicht zu erkennen. Beispielsweise sehen von den sieben Mitgliedstaaten, die neue Regelungen eingeführt haben oder planen solche einzuführen, vier Mitgliedstaaten anders als die Empfehlung auch oder ausschließlich ein „Opt out“-Verfahren für die Bildung der Klägergruppe vor (Vereinigtes Königreich, Belgien, Slowenien, Niederlande).

Als nächste Schritte zum kollektiven Rechtsschutz plant die Kommission, sich weiterhin für die Umsetzung der Empfehlung einzusetzen, eine weitergehende Analyse einzelner Aspekte der Empfehlung vorzunehmen und die Unterlassungsklagenrichtlinie 2009/22/EG inhaltlich auszubauen.

 

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