29. Okt 2015
Ein Urteil an einem Tag
LTO berichtet über das wohl schnellste Strafverfahren der Nachkriegsgeschichte.
Das Verfahren hat keine 24 Stunden gedauert, gerechnet ab Tatbegehung(!). Ein 60 Jähriger soll mit einem Laserpointer (gibt es dafür eigentlich eine juristische Bezeichnung? Die Ampel trägt ja oft den schönen Namen „Lichtsignalanlage“. Wikipedia nennt den Laserpointer „Lichtzeiger“) die Besatzung einer Fähre für ungefähr 2 Minuten von seinem Hotelzimmer aus am Mittwochmorgen geblendet haben. Er wurde dafür schon am Mittwochabend vom Amtsgericht Rostock wegen gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr zu 4 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die StPO gibt ein solches beschleunigtes Verfahren her. Es ist in den §§ 417 – 421 StPO geregelt.
Wäre das auch im Zivilverfahren möglich?
In einem normalen zivilprozessualen Verfahren, in dem früher erster Termin bestimmt wurde, kann sowohl die zweiwöchige Einlassungsfrist nach § 274 Abs. 3 ZPO als auch die einwöchige Ladungsfrist nach § 217 ZPO gem. §§ 224, 226 ZPO verkürzt werden. Theoretisch denkbar ist die Verkürzung auf 8 Stunden (um die Parallelität zum oben genannten Strafverfahren zu wahren). Reicht der Kläger also früh um 7 Uhr beim Landgericht Klage (verbunden mit dem Antrag auf Fristverkürzung) ein und wird diese gegen 8 Uhr zugestellt, könnte um 16 Uhr der frühe erste Termin zur mündlichen Verhandlung beginnen. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Beklagte mit einem Antrag auf Vertagung zur Vorbereitung seiner Verteidigung so gut wie automatischen Erfolg.
Damit müssen die Zivilrechtler aber noch nicht das Handtuch werfen und ein Klagelied auf die alte schwerfällige ZPO anstimmen oder sich gar dem Spott der „flinken“ Strafrechtler aussetzen. Denn auch das beschleunigte Verfahren nach der StPO kann nur bei Mitwirkung des Beschuldigten in unter 24 Stunden durchgeführt werden, § 418 Abs. 2 StPO.
§ 420 Abs. 3 StPO dürfte demgegenüber nur ein stumpfes Schwert sein, sollte die Polizei gleich alle Zeugen mit zu Gericht bringen.
Kommen wir also zurück zur ZPO. Stimmt der Beklagte – um im Vergleich zu bleiben – der Fristverkürzung zu, steht einem frühen ersten Termin nach 8 Stunden nichts im Wege. Unterstellt die Rechtssache wäre in diesem Termin endentscheidungsreif, stünde auch einem „Stuhlendurteil“ nichts im Wege, § 275 Abs. 2 ZPO.