RSS-Feed abonnieren

Passwort vergessen?

v Anmelden

22. Dez 2014

Anmerkungen zum Beschluss des 10. Senats des BAG vom 01.10.2014 (Az.: 10 AZB 24/14)

Verfasst von

In seinem Beschluss vom 01.10.2014 befasste sich der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts mit den Voraussetzungen nach denen ein Ordnungsgeld gem. § 141 Abs. 3 ZPO gegen die nicht erschienene Partei angeordnet werden darf.

Außerdem beschäftige er sich inzident auch mit Fragen der Darlegungs- und Beweislastverteilung im Kündigungsschutzprozess.

Zu Ersterem stellt der 10. Senat zunächst im Leitsatz der Entscheidung fest:
„Die Festsetzung von Ordnungsgeld nach § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 141 Abs. 3 ZPO gegen die im Termin ausgebliebene Partei kommt nicht in Betracht, wenn der Rechtsstreit zu diesem Zeitpunkt entscheidungsreif ist.“

Andere Gründe, wie etwa die Missachtung des Gerichts durch das Nichterscheinen trotz Anordnung zu ahnden oder gar einen Vergleichsabschluss herbeizuführen, kommen nicht in Betracht. Das Ordnungsgeld in § 141 Abs. 3 ZPO ist damit neben §§ 296, 330 ZPO (und im arbeitsgerichtlichen Verfahren § 51 Abs. 2 ArbGG) eine Möglichkeit prozessverzögerndes Verhalten zu sanktionieren. Die Vorinstanz hatte schließlich die Ordnungsgeldandrohung auch damit rechtfertigen wollen, dass der Kläger keinen zu einem Vergleich befugten Prozessbevollmächtigten i.S.d. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO zum Termin schickte. Dieser erklärte lediglich, keinen Vergleich abschließen zu wollen. Das muss aber für § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO ausreichen, da andernfalls  die fehlende Vergleichsbereitschaft über ein Ordnungsgeld sanktionierbar wäre.

Letzteres scheint mir indes nicht zwingend:
Der Prozessbevollmächtigte soll nach dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO vorrangig zur Sachverhaltsaufklärung beitragen können und (kumulativ) zum Vergleichsabschluss ermächtigt (besser: bevollmächtigt) sein. Die Ankündigung, überhaupt keinen Vergleich schließen zu wollen, erfüllt den Wortlaut schlicht nicht. Sicher würde diese Annahme in der Praxis dazu führen, den Vertreter mit unsinnig überhöhten Vergleichsforderungen zum Prozess zu schicken. Hier offenbart sich jedoch der Unterschied zwischen Naturalpartei und dem von ihr entsandten Vertreter: Erstere kann es sich im Prozess eben auch noch einmal anders überlegen. Der gebundene Vertreter kann das nicht. Er dürfte es zwar im Außenverhältnis, wird es aber zur Vermeidung jeglicher Haftung nicht tun. Sieht man § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO vor diesem Hintergrund, kommt eben doch eine Ordnungsgeldfestsetzung in Betracht. Als Ausnahmevorschrift ist § 141 Abs. 2 S. 3 ZPO ohnehin eng auszulegen.

Auch zur Verteilung von Darlegungs- und Beweislast macht der Senat interessante Ausführungen:

„Es ist dann Sache des Arbeitgebers, sich vollständig über die Anzahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer unter Benennung der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erklären. Zu den Beweismitteln können Vertragsunterlagen, Auszüge aus der Lohnbuchhaltung, Zeugen usw. gehören.
(BAG, Beschluss vom 01. Oktober 2014 – 10 AZB 24/14 –, juris)“

Der Senat scheint hier die Darlegungs- und Beweislast zu vermengen. Die sekundäre Darlegungslast betrifft nur das Tatsachenvorbringen. Auf Beweismittel kann es erst ankommen, wenn überhaupt substanziiert bestritten wurde. Benennt der Arbeitgeber als Beklagter im Falle der Beweisbedürftigkeit einer Tatsache keine Beweismittel, greifen andere zivilprozessuale Regelungen, namentlich die der Beweisvereitelung. Eine klarere Äußerung des Senats an dieser Stelle wäre wünschenswert gewesen, da nun die Frage im Raum steht, ob schon das Nichtbenennen von Beweismitteln des eigentlich nicht beweisbelasteten  Beklagten über  §138 Abs. 3 ZPO zu sanktionieren ist. Damit ginge die sekundäre Darlegungslast aber im Ergebnis sogar noch weiter als eine schlichte Beweislastumkehr. Es bleib abzuwarten, wie die weitere Rechtsprechung mit dieser Entscheidung umgehen wird. Für die Praxis kann man nur empfehlen, Beweismittel anzugeben, um sich nicht der Gefahr des § 138 Abs. 3 ZPO auszusetzen.

Über Christian Häntschel

Kommentieren

*